Sinn und Zweck der Fertigstellungsbescheinigung nach § 641a BGB

Das „Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen“ vom 30.3.2000 (BGBI.IS.330) ist zum 1.5.2000 in Kraft getreten. Es sieht in einem neuen § 641a BGB vor, dass die Abnahme eines Gewerkes dadurch ersetzt werden kann, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger dem Unternehmer bescheinigt, dass das Werk hergestellt und frei von Mängeln ist.

Der Zweck des Gesetzes ergibt sich bereits aus seiner Bezeichnung in der Überschrift. Der Gläubiger (Unternehmer, der ein Gewerk herstellt) soll schneller als bisher zu seinem Geld kommen. Dem Schuldner (Besteller eines Gewerkes) soll verleidet werden, die Zahlung berechtigter Forderungen mit „faulen“ Ausreden hinauszuzögern.

Der Sachverständige steht im angesprochenen Fall folgender Problemstellung gegenüber:

Die Aufgabenstellung ist für den Sachverständigen im § 641a BGB detailliert vorgegeben. Sie gleicht der bisher schon in vielen Sachverständigen begleitenden Gutachtertätigkeit bei der Abnahme eines Gewerkes, wenn er vom Besteller gebeten wird, bei der Abnahme dabei zu sein und auf Mängel aufmerksam zu machen.

Auch bei der in § 641a BGB vorgegebenen Aufgabenstellung muss der Sachverständige – allerdings im Auftrag des Unternehmers, nicht dessen Bestellers- feststellen, ob das Gewerk oder Teile des Gewerkes frei von Mängeln hergestellt ist. Dabei muss sich der Sachverständige auf die Feststellung solcher Mängel beschränken, die der Besteller ihm gegenüber behauptet hat und die für den Sachverständigen bei der Besichtigung feststellbar waren.

Über diese Feststellungen hat der Sachverständige dem Unternehmer anschließend eine Bescheinigung zu erteilen. In der sogenannten Fertigungsbescheinigung hat der Sachverständige gemäß § 641a Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB festzustellen, ob das Gewerk hergestellt und frei von Mängeln ist.

Er muss sich weiter zum Aufmaß und zur Stundenlohnabrechnung äußern, weil deren Richtigkeit vermutet wird, wenn der Sachverständige dies in der Bescheinigung bestätigt. Die Fertigungsbescheinigung soll nach der Gesetzesbegründung (BT.Drs. 14/1246 S. 9, linke Spalte) die Prüfungstiefe eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens haben, ohne formal ein solches Gutachten zu sein.

Der Gutachter muss die Bescheinigung erteilen, wenn das Gewerk vertragsmäßig ist. Probleme können sich hierbei in den Fällen ergeben, in denen der Umfang der vertraglichen Vereinbarung zwischen Unternehmer und Besteller für den Gutachter nicht klar zu erkennen ist. Deshalb muss der Unternehmer dafür sorgen, dass im Vertrag klare Abreden geschlossen werden, die auch für die spätere Vertragsergänzung oder Vertragsänderung gelten müssen.

Grundsatz bleibt jedoch, dass der Sachverständige in erster Linie die Eigenschaften des Gewerkes zu prüfen hat, die sich aus schriftlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien ergeben.

Wer benennt und wer beauftragt den Sachverständigen?

Der Sachverständige wird gemäß § 641a Abs. 2 BGB vom Unternehmer beauftragt. Er ist sowohl dem Unternehmer als auch dem Besteller gegenüber verpflichtet, die Bescheinigung unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen.

Für die Einschaltung des Sachverständigen bietet das Gesetz zwei Möglichkeiten an:

1. Unternehmer und Besteller einigen sich auf einen bestimmten Sachverständigen.

2. Auf Antrag des Unternehmers wird ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Ausführungsleistung beauftragt. Er muss darüber hinaus für den Sachbereich, der begutachtet werden soll, fachlich kompetent und öffentlich bestellt sein.

BGB § 640

a) Dem Absatz 1 werden folgende Sätze angefügt:

„Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Gewerk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist.„

§ 641 wird folgender § 641a eingefügt:

§ 641a „Der Abnahme steht es gleich, wenn dem Unternehmer von einem Gutachter eine Bescheinigung darüber erteilt wird,

1. das versprochene Gewerk im Fall des § 641 Abs. 1 S. 2 auf ein Teil desselben hergestellt ist und

2. das Gewerk frei von Mängeln ist, die der Besteller gegenüber dem Gutachter behauptet hat oder die für den Gutachter bei einer Besichtigung feststellbar sind (Fertigstellungsbescheinigung). Dies gilt nicht, wenn das Verfahren nach den Abs. 2 bis 4 nicht eingehalten worden ist oder wenn die Voraussetzung des § 640 Abs. 1 S. 1 und 2 nicht gegeben waren; im Streitfall hat dies der Besteller zu beweisen. § 640 Abs. 2 ist nicht anwendbar. Es wird vermutet, dass ein Aufmaß oder eine Stundenabrechnung, die der Unternehmer seiner Rechnung zugrundelegt, zutreffen, wenn der Gutachter dies in der Fertigstellungsbescheinigung bestätigt.“

Voraussetzung zur Erstellung der Fertigstellungsbescheinigung

Der Gutachter muss mindestens einen Besichtigungstermin erhalten; eine Einladung hierzu unter Angabe des Anlasses muss dem Besteller mindestens zwei Wochen vorher zugehen. Ob das Werk frei von Mängeln ist, beurteilt der Gutachter nach einem schriftlichen Vertrag, dem ihm der Unternehmer vorzulegen hat. Änderungen dieses Vertrages sind dabei zu berücksichtigen, wenn sie schriftlich vereinbart sind oder von den Vertragsteilen übereinstimmend gegenüber dem Gutachter vorgebracht werden. Wenn der Vertrag entsprechende Angaben nicht enthält, sind die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik zugrunde zu legen. Vom Besteller geltend gemachte Mängel bleiben bei der Erteilung der Bescheinigung unberücksichtigt, wenn sie nach Abschluss der Besichtigung vorgebracht werden.

Der Besteller ist verpflichtet, eine Untersuchung des Gewerkes oder von Teilen desselben durch ein Gutachter zu gestatten. Verweigert er die Untersuchung, wird vermutet, dass das zu untersuchende Werk vertragsgemäß hergestellt worden ist; die Bescheinigung nach Abs. 1 ist zu erteilen.

Dem Besteller ist vom Gutachter eine Abschrift der Bescheinigung zu erteilen. In Ansehung von Fristen, Zinsen und Gefahrensübergang treten die Wirkungen der Bescheinigung erst mit ihrem Zugang beim Besteller ein.

Nachsatz

Vorsorglich weise ich darauf hin, dass es sich in den Schriften um Auszüge aus Gesetzestexten handelt. Für die Richtigkeit der Texte und deren Auslegung kann von mir keine Haftung übernommen werden. Eine rechtliche Beratung kann von mir nicht durchgeführt werden. Hierfür müssen die entsprechenden Rechtsberatungen (Anwälte) hinzugezogen werden.